Landscape and Structures. Ein persönliches Inventar von Jürg Conzett, fotografiert von Martin Linsi

Servizio comunicazione istituzionale

10 Aprile 2019

Die Ausstellung "Landschaft und Strukturen - Ein persönliches Inventar von Jürg Conzett, fotografiert von Martin Linsi, mit 22 Modellen von Lydia Conzett-Gehring" wurde heute Morgen im Teatro dell’architettura der Università della Svizzera italiana in Mendrisio präsentiert. Zum Anlass der Präsentation die von der Accademia dell’architettura organisierte Ausstellung sprachen Boas Erez, Rektor der USI, Riccardo Blumer, Direktor der Accademia dell’architettura, Marco Della Torre Koordinator der Leitung der Accademia, und Jürg Conzett, Martin Linsi und Lydia Conzett-Gehring.

Die Ausstellung, geöffnet vom 12. April, bis zum 7. Juli 2019, präsentiert in160 grossformatigen Fotografien Brücken, Viadukte, Stege, Tunnel, Stützmauern, die in der Schweiz von Ende des 18. Jahrhunderts bis heute errichtet und von Jürg Conzett ausgewählt wurden. Dieser Auswahl werden in Filmen und 22 Holzmodellen Proiekten und Bauten vom Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG gegenübergestellt. Jürg Conzett ist Ehrendoktor der USI und weilt im akademischen Jahr 2018-19 als Dozent an der Accademia di architettura.

DIE AUSSTELLUNG

Die Ausstellung ist in 23 Themenbereiche gegliedert, die sich über alle drei Stockwerke des Teatro dell’architettura erstrecken. Sie präsentiert ein umfassendes Repertoire an Infrastrukturen der Schweiz, die der bekannte Bauingenieur Jürg Conzett über Jahre hinweg  ausgewählt und in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Martin Linsi dokumentiert hat. In Mendrisio wird die Ausstellung um Filme und eine Serie von 22 Holzmodellen von Brücken erweitert, welche Jürg Conzett und Gianfranco Bronzini während ihrer Karriere als Bauingenieure entwarfen.

Die Ausstellung bietet einen Überblick über Bauten, die in einem Zeitraum von zwei Jahrhunderten, vom Ende des 18. Jahrhunderts bis heute entstanden, darunter Werke der bedeutendsten Vertreter der Schweizer Bautradition von Karl Etzel bis Robert Maillart, von Alexandre Sarrasin bis Rino Tami – und schliesslich bis zu dem Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG aus Chur.

Es handelt sich vornehmlich um Brücken, Stege, Tunnel, Stütz- und Wegmauern – Infrastrukturen also, die der Mobilität und Kommunikation dienen. All diese Bauten zeichnen sich durch eine besonders sensible Einbettung in ihre Umgebung aus. Die Auswahl betrifft vornehmlich Ingenieursbauten mit architektonischen Anspruch, also Projekte, bei denen rein technische und wirtschaftliche Aspekte zwar eine Rolle spielten, die aber dennoch den ästhetischen Sinn der Betrachter aufgrund ihrer formalen Lösungen ansprechen.

Die Ausstellung wurde erstmals 2010 für den schweizerischen Pavillon der 12. Internationalen Architekturausstellung der Biennale von Venedig konzipiert und bis heute kontinuierlich um neue Themen erweitert. Die 160 grossformatigen Schwarz-Weiss-Fotografien entstanden auf den Exkursionen durch die Schweiz, die die beiden Bündner Autoren Conzett und Linsi  im Verlauf des Jahres 2010. Sie sind in 23 Themenbereichen angeordnet, welche dem chronologischen Verlauf der Fotoreisen folgen: von der winterlichen Landschaft des Sittertobel zwischen Sankt Gallen und Herisau bis zu den Bildern, die zu Beginn des darauffolgenden Sommers am Sustenpass entstanden.

Dazu gehört zum Beispiel  das Projekt „Trutg dil Flem“, ein neuer Wanderweg am Flembach in Flims, für den Jürg Conzetts nicht nur dazu beitrug, den Verlauf festzulegen, sondern auch eine Reihe von Fussgängerbrücken entwarf und realisierte.

Im Gang durch die Themenbereiche, begegnet man wiederkehrenden Gedanken wie zum Beispiel der Tatsache, dass die Erscheinung einer Stadt beeindruckender ist, wenn sich ihr der Betrachter über eine mächtige Brücke nähert, wie es z. B. bei der Fürstenlandbrücke in Sankt Gallen und der Aarebrücke in Aarburg der Fall ist. Ein ebenfalls wiederkehrendes Thema innerhalb der Dokumentationen ist die ständige Spannung  zwischen den Schutzbemühungen des Heimatschutzes und der Notwendigkeit grosser Infrastrukturen, wofür das Sitterviadukt der Bundesbahnen ein gelungenes Beispiel liefert, eine Brücke mit hohen Betonbögen, die mit Naturstein verkleidet wurden.

Die Dorfbrücke von Vals, welche praktisch eine Verlängerung des Dorfplatzes darstellt, steht für Conzetts Anspruch, lokale Materialien und traditionelle handwerkliche Bautechniken zu verwenden. Platten aus lokalem Gneis und aus Stahlbeton haben sowohl eine tragende und als auch ästhetische Funktion. Die Dorfbrücke wurde von Jürg Conzett unter Beratung von Peter Zumthor entworfen und führt in eines der zentralen Themen der Ausstellung ein, nämlich wie ein Kunstbau aus der beständigen Auseinandersetzung mit der Tradition des Fachs bei Entwurf und Bau in Beziehung zur umgebenden Landschaft Inspiration erhalten kann.

Die Ausstellung umfasst Bauwerke, die für Jürg Conzetts berufliche Entwicklung eine besondere Rolle spielten. In diesem Sinn ist die Auswahl der ausgestellten Werke subjektiv und ohne jeglichen Anspruch auf Ordnung oder Vollständigkeit was das Inventar der schweizerischen Infrastrukturen betrifft. Unter anderen wird auch die Ponte della Crotta am Ende des Muggiotales im Kanton Tessin vorgestellt, eine Brücke, die seit einiger Zeit nicht mehr zugänglich ist. Es handelt sich um eine grazile Stahlstruktur, die zwischen mächtigen gemauerten Pfeilern hängt. Obwohl von Gebüsch überwachsen, ist die konstruktive und ästhetische Lösung noch heute fassbar und überzeugend. Das Ausstellung wird abgerundet von einer reichhaltigen einsehbaren Auswahl an technischen Unterlagen, Bulletins und beschreibenden und wissenschaftlichen Artikeln zu den ausgestellten Objekten, welche Jürg Conzett systematisch zusammengestellt hat.

Die Ausstellung wurde durch die Unterstützung des Bundesamtes für Kultur der Schweizerischen Eidgenossenschaft ermöglicht.

Im Teatro dell’architettura ist das Buch Landschaft und Kunstbauten / Landscape and Structures erhältlich, publiziert anlässlich der Ausstellung im Schweizerischen Pavillon der 12. Internationalen Architekturausstellung der Biennale von Venedig 2010 durch das Bundesamt für Kultur in Bern. Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich; ISBN 978-3-85881-321-3. Gebunden, 20,5 x 30,5 cm, 272 Seiten, Illustrationen in S/W Zweisprachige Ausgabe in Deutsch und Englisch 40 CHF/Euro

Für hochauflösende Bilder: https://drive.switch.ch/index.php/s/jPxz4v5i2e45t6u 
 

DIE AUTOREN

Jürg Conzett. Geboren 1956 in Ahrau, Bürger von Schiers. Er studierte Bauingenieurswesen an der EPF Lausanne und an der ETH Zürich, wo er 1980 diplomierte. Anschließend war er Mitarbeiter von Architekt Peter Zumthor in Haldenstein, bis er 1988 sein eigenes Ingenieurbüro gründete. Heute leitet er zusammen mit seinem Teilhaber Gianfranco Bronzini das Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG mit etwa 25 Mitarbeitern. Das Büro entwirft und projektiert Brückenbauten, Brückeninstandsetzungen und Tragwerke von Gebäuden.

Martin Linsi. Geboren 1956 in Zürich. Er studierte Fotografie am Gloucestershire College of Art and Design in England, wo er 1978 seinen Abschluss machte. Von da an arbeitete er als selbständiger Fotograf mit Atelierin Einsiedeln. Ein wichtiges Thema in seinen Arbeiten sind die Spuren des Menschen in der Landschaft.

Lydia Conzett-Gehring. Geboren 1957 in Chur. Sie machte eine vierjährige Lehre als Möbelschreinerin bei Christian Messmer in Tenna. Schliesslich spezialisierte sie sich auf den Modellbau. In ihrer eigenen Werkstatt baut sie vorwiegend Modelle für das Ingenieurbüro Conzett Bronzini Partner AG. Ihre Modelle besitzen in ihrer Mischung von Handwerk und Abstraktion eine ganz eigentümliche Qualität.

DAS TEATRO DELL’ARCHITETTURA DER USI IN MENDRISIO
Mit dem Bau eines neuen Gebäudes, des Teatro dell’architettura auf dem Campus der Accademia di architettura von Mendrisio hat die Università della Svizzera italiana und die Stiftung Fondazione Teatro dell’architettura ein neues Forum für die kulturelle Debatte rund um die Architektur geschaffen. Neben Didaktik und Forschung, die im Athenäum stattfinden, möchte das Teatro dell‘architettura das Bildungsangebot der Accademia vor allem in Bezug auf Ausstellungsmöglichkeiten und Seminare verstärken. Zugleich sollen neuen transdisziplinären Ansätzen Sichtbarkeit verschafft werden: Ansätze, die im Entwurfsprozess eine immer grössere Rolle spielen und die gesellschaftliche Rolle der Architektur neu definieren. Das Teatro dell’architettura wurde vom Architekten Mario Botta entworfen und neben dem bestehenden Palazzo Turconi errichtet. Es hat einen Durchmesser von 27 Metern und eine Fläche von etwa 3.000 Quadratmetern. Die Räume können vielseitig verwendet werden, sowohl für gleichzeitige als auch für alleinige Veranstaltungen. Das Teatro dell’architettura nahm seine Tätigkeit im Herbst 2018 auf. Alle kulturellen Veranstaltungen sind öffentlich, und bieten so Gelegenheit das kulturelles Interesse in der Region zu stärken. Das Teatro dell’architettura soll auch als Plattform für den Austausch mit anderen Institutionen, die sich mit kulturellen Fragen auseinandersetzen, dienen.

INFORMATIONEN: http://www.arc.usi.ch/en/news/detail/28016